Mitgliederversammlung des SPD-OV-Maroldsweisach am 28.07.2017

Veröffentlicht am 31.07.2017 in Ortsverein
 

Doris Pressel überreicht an Kerstin Westphal ein Dankeschön

Brexit – Türkei - Wie geht es weiter mit der Europäischen Union?

Kerstin Westphal, Mitglied des Europäischen Parlaments, schilderte sehr engagiert bei der Mitgliederversammlung des SPD-Ortsvereins-Maroldsweisach die derzeitige Lage der Europäischen Union. Susanne Kastner, Vorsitzende des Ortsvereins, stellte bei ihrer Begrüßung eingangs fest, sie freue sich sehr, Kerstin Westphal für diesen Abend gewonnen zu haben. Kerstin Westphal sei ja im Landkreis Haßberge keine Unbekannte, hatte sie doch hier 2008 als Landrätin kandidiert. Weiter konnte Kastner auch Wolfram Thein, den Bürgermeister der Marktgemeinde begrüßen. Thein konnte der Versammlung mitteilen, dass es ihm nun gelungen sei für das Schloß Ditterswind eine Nachnutzung zu vermitteln. Der neue Besitzer habe bereits mit den Renovierungs- und Umbauarbeiten begonnen und werde selbst im Schloß wohnen.

Kerstin Westphal informierte zunächst über die Erfolge der EU, wie die Abschaffung der Roaming-Gebühren innerhalb der EU zum 15.06.2017 und das Ringen um mehr Sicherheit. Man sei sehr glücklich, dass in Frankreich mit dem Sieg von Macron zunächst die nationalistischen und die EU-feindlichen Bestrebungen vorerst abgewehrt wurden. Nun käme es aber darauf an wie die Politik für ein neues Europa umgesetzt werde. So sei es zu bedauern, dass Macron die Transaktionssteuer abgelehnt habe. Beim Brexit sei festzustellen, dass Großbritannien offenbar kein Konzept für die Austrittsverhandlungen hat und der Vertreter der Minderheitsregierung von Theresa May, Brexit-Minister David Davis gegenüber dem EU-Chefunterhändler Michel Barnier wenig Kompetenz zeigt. Man habe den Eindruck, als wolle man die notwendigen Entscheidungen hinauszögern. Was aber geschieht, wenn bis zu den Nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament die Brexit-Verhandlungen nicht abgeschlossen sind? Auch der Streit zwischen Polen und der EU zeigt Schwächen der Gemeinschaft auf: Der angedrohte Entzug des Stimmrechts nach Artikel 7 des EU-Vertrages müsste einstimmig beschlossen werden. Polen ist der größte Nettoempfänger der EU und trotzdem vertritt die nationalkonservative Regierungspartei PiS, „Recht und Gerechtigkeit“, EU-feindliche Tendenzen. Die PiS-Regierung hält sich bei ihrer Justizreform nicht an die demokratische Vorgabe der Gewaltenteilung. Kerstin Westphal stellte aber fest, dass die Förderprogramme nicht der Regierung, sondern den Menschen gelte. Man müsse proeuropäisch handeln. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gelte für alle.

Die EU-Parlamentarerin erläuterte kurz die Organisation der EU mit dem Bild eines Geodreieckes: Eine Seite sei das Europäische Parlament mit 751 Abgeordneten, die von den 28 Mitgliedsstaaten direkt gewählt werden. Trotzdem erfolge die Gesetzgebung nur nach Vorlagen von der EU-Kommission, der zweiten Seite, die das alleinige Initiativrecht hat. Die Mitglieder der Kommission werden von den Regierungen der EU-Staaten nominiert und vom EU-Parlament bestätigt. Die Kommission wird vom Präsidenten der EU-Kommission geleitet. Die dritte Seite sei der Rat der Europäischen Union. Er setzt sich aus jeweils einem Vertreter pro Mitgliedsstaat zusammen, der ermächtigt sein muss, für seine Regierung verbindliche Entscheidungen zu treffen. Hier stellte Frau Westphal fest: Der Rat macht Schwierigkeiten. So habe der Rat sich überhaupt nicht mit den Flüchtlingsfragen auseinandergesetzt und wurde erst durch das Parlament dazu gezwungen. Es wurde die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen vereinbart, nicht einmal 30.000 Menschen wurden verteilt. Solidarität müsse auch innerhalb der EU gelten!

Sowohl in Polen wie in Großbritannien hat die Jugend nicht gewählt. Die Alten hätten über die Jungen gesiegt! Man müsse den eigenen Leuten auf die Füße treten um ein sozialeres Europa zu schaffen. Dabei sind Steuerschlupflöcher zu stopfen, müsse gegen die Jugendarbeitslosigkeit gekämpft werden, eine gemeinsame Sicherheitspolitik muss erreicht werden und mehr Einsatz in der Entwicklungspolitik ist nötig. Schließlich sei die SPD die Partei, die als einzige in ihrem Programm die Vereinigten Staaten von Europa sich als Ziel gesetzt hat. Noch bei keiner Bundestagswahl sei so viel über Europa geredet worden, wie zurzeit. Es gibt viele Gründe, gut über Europa zu reden. Dazu sei eine bessere Vermarktung nötig. Bayern, die reichste Region in der EU erhalte 800 Millionen Fördergelder. Mehrheitlich handelt es sich bei den Förderprogrammen um Anschubfinanzierungen. Westphal ist Mitglied im Ausschuss für regionale Entwicklung und Stellvertreterin im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Sie setzt sich für eine Vereinfachung und Vernetzung der Förderprojekte ein und plädiert für flexiblere Programme gerade im Blick auf den demographischen Wandel und für den ländlichen Raum.

In der anschließenden Diskussion stellte Westphal fest, dass ein Rücktritt vom Brexit nicht denkbar sei, da auch Labour-Abgeordnete den Brexit unterstützen. Bürgermeister Wolfram Thein wies daraufhin, dass bei den EU-Förderprogrammen Eigenleistungen nicht angerechnet werden und auch die Mehrwertsteuer nicht geltend gemacht werden kann, wodurch letztlich nur 42% Förderung erfolgen. Zusätzlich werden bei den Förderprogrammen nachträglich Ausschlusskriterien benannt. Auf die Frage nach den immer wieder genannten EU-Standards stellte Westphal fest, dass es sich dabei lediglich um Mindeststandards handle und die Regierungsbeamten der einzelnen Mitgliedsstaaten dann zusätzliche Standards draufpacken würden. Bei der Frage nach den veränderten Grenzwerten für Nitrat im Trinkwasser wollte sich Westphal erkundigen, ob hier tatsächlich für manche Mitgliedstaaten Ausnahmeregelungen für höhere Werte getroffen wurden.

Susanne Kastner bedankte sich bei Kerstin Westphal für die interessanten Informationen. Doris Pressel, 2.Vorsitzende des Ortsvereins, überreichte einen Blumenstrauß und eine Flasche Hochprozentigen.

Nach einer kurzen Pause wählten die anwesenden SPD-OV-Mitglieder 9 Delegierte zur Aufstellung der Landtags- und Bezirkstags-kandidaten/-kandidatinnen.

hk