Erneuerung der SPD

Veröffentlicht am 05.10.2017 in Bundespolitik
 

„Pragmatische Jusos“ wollen SPD neu ausrichten

Kai Doering • 05. Oktober 2017

„Wir müssen als SPD wieder nah am Bürger sein.“ Die Pragmatischen Jusos haben Vorschläge zur Neuausrichtung der Sozialdemokratie gemacht.

Patenschaften für Neumitglieder, themenbezogene Mitgliedschaften und mehr Unterstützung für Ortsvereine: Mit konkreten Vorschlägen für eine Erneuerung der SPD meldet sich die „Pragmatische Linke“, ein inoffizieller Zusammenschluss innerhalb der Jusos, zu Wort. Sie könnten die SPD deutlich verändern.

Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl ist die Debatte über die Neuaufstellung der SPD voll entbrannt. Nun meldet sich auch die „Pragmatische Linke“, ein inoffizieller Zusammenschluss innerhalb der Jusos, mit Vorschlägen zu Wort. „Die SPD sollte ihre Rolle als stärkste Partei des linken Lagers dazu nutzen, Gespräche mit den anderen Parteien links der Union zu initiieren, um der christdemokratischen Machtpolitik eine soziale Alternative entgegenzusetzen“, fordern die jungen Parteimitglieder in einem achtseitigen „Konzept zur Erneuerung der SPD“, das dem „vorwärts“ vorliegt.

Strukturen schaffen, die für Neumitglieder attraktiv sind

Um die SPD neu aufzustellen, setzen die „Pragmatischen Jusos“ vor allem auf eine stärkere Rolle der Mitglieder. Die vielen Tausend Menschen, die in den vergangenen Monaten neu in die Partei eingetreten sind, seien ein „Mut-Macher für die Zukunft“. Jetzt gelte es, „Mitbestimmungsmöglichkeiten und Strukturen zu schaffen, die für Neumitglieder attraktiv sind“. Die Pragmatischen Jusos wollen dafür Patenschaften innerhalb der SPD einführen: Erfahrene Genossen sollen Neumitglieder und junge Funktionsträger an die Hand nehmen und langfristig unterstützen. Umgesetzt werden soll dies auf Ebene der Unterbezirke und Kreisverbände. „Wir wollen, dass Jung und Alt gemeinsam an der Modernisierung der SPD arbeiten“, heißt es in dem Papier.

Auch die Ortsvereine sollen künftig eine stärkere Rolle als bisher spielen. „Neben der Konferenz für Ortsvereinsvorsitzende sollen direkte Absprachen mit den Ortsvereinen die Regel sein“, fordern die Pragmatischen Jusos in ihrem „Konzept zur Erneuerung der SPD“. Die Koordination soll nach ihren Vorstellungen die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) übernehmen. Sie soll den Ortsvereinen dabei helfen, eine „vorausschauende Planung“ für ihre Arbeit zu entwickeln und Ziele festzulegen. „Ziel ist es, dass die Arbeit innerhalb der Parteistruktur nicht an erster Stelle steht“, schreiben die Pragmatischen Jusos. „Wir müssen als SPD wieder nah am Bürger sein.“ Dazu sollen auch regelmäßig „Stadtteilkonferenzen“ mit den Ortsvereinen stattfinden. Bürgersprechstunden und Hausbesuche sollen nicht nur im Wahlkampf die Regel sein.

Neue Listenverfahren und themenbezogene Mitgliedschaft

Geht es nach dem Parteinachwuchs dürften auch die Parteilisten für Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen künftig anders aufgestellt werden. „Wenn aus einem ganzen Bundesland Kandidaten immer nur über die Liste einziehen, dann fördert das nicht die Individualität der Kandidaten, sondern ihre Stromlinienförmigkeit“, kritisieren die Pragmatischen Jusos. Sie fordern deshalb „offene, transparente, partizipative Verfahren zur Aufstellung der Landesliste“. So würde „plötzlich ein ganz anderer Politikertypus“ in die Parlamente einziehen.

Auch an den Jusos selbst üben die Autoren des Erneuerungskonzepts Kritik. Diese wirkten in vielen Bereichen „akademisiert“, Arbeiter und Angestellte seien bei den Jusos eher Ausnahme als die Regel. Neben einer „Reduzierung des Fremdwörtergebrauchs“ schlagen die Pragmatischen Jusos deshalb auch die Einführung einer „themenbezogene Mitgliedschaft“ vor. Auf diese Weise könnten Jugendliche über ein Thema an die Parteiarbeit herangeführt werden.

„Wir Jusos werden der Motor der Erneuerung sein und alle Mitglieder der SPD in diesen Prozess einbinden“, kündigt der Sprecher der „Pragmatischen Linken“ und Vorsitzender der Jusos Bottrop, Nils Beyer, an. Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl sei es jetzt wichtig, diese Erneuerung „inhaltlich und strukturell“ voranzutreiben. Von Personaldebatten hält Beyer nichts. Es müsse vor allem um eine Veränderung der Strukturen der SPD gehen. „Ich bin froh, dass Martin Schulz die Partei in die Erneuerung führt.“