Lebensqualität nur im städtischen Umfeld gegeben?

Veröffentlicht am 10.08.2008 in Kommunalpolitik
 

Gedanken zum Regionalisierungskonzept für Schloss Ditterswind

Leserbrief vom 01.08.2008 an die regionale Presse von Helmut Kastner: „Die Rummelsberger Dienste für Menschen mit Behinderung orientieren sich an ihrem Leitmotiv „teilhaben am Leben“. Das bedeutet, Menschen mit Behinderung in ihrer Teilhabe zu unterstützen und zu fördern. Das christliche Menschenbild, der diakonische Auftrag, die Zielsetzung der Integration und Normalisierung sowie einer uneingeschränkten Selbstbestimmung prägen die Arbeit der Rummelsberger.“ – so wird der interessierte Besucher der Internetseite „Die Rummelsberger Dienste für Menschen mit Behinderung gGmbH“ begrüßt. „Teilhaben am Leben“ – was meint das? Schränkt dies sofort die Wahl des Wohnortes ein? Ist da Otto-Normalbürger im nördlichen Haßbergkreis nicht genug „behindert“, wenn er in dieser Region lebt? – Es stimmt schon sehr nachdenklich, was da so an Motiven genannt wird, die eine Verlagerung der Arbeit mit Menschen mit einer Behinderung an größere Standorte notwendig macht! Ja, es stimmt schon, in den letzten Jahren hat sich viel verändert im Arbeitsfeld „Behindertenhilfe“. Lange Zeit wurden Menschen mit Behinderung möglichst aus dem Blickfeld der Leistungsgesellschaft verbannt. Behinderung passt eben nicht zu den Idealen von Jugend, Schönheit, Gesundheit und Spaßhaben. Da war das Zonenrandgebiet mit geringer Bevölkerungsdichte als Standort für Behindertenheime ideal. Nun hat sich also ein Paradigmenwechsel vollzogen und man betont die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und ein höchstmögliches Maß an Selbstbestimmung in der Bewältigung des Alltags, was eben nur an Orten mit mehr Angeboten möglich erscheint. – Warum aber sind dann überhaupt „Dienste für Menschen mit Behinderung“ notwendig? Warum belässt man die Menschen mit Behinderung nicht von vornherein in ihrem gesellschaftlichen Umfeld? Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ sollte dann schon konsequenter gedacht werden, wenn man eine Neuorganisation der Hilfe für Menschen mit Behinderung angehen will. Oder habe ich da Bayerns Sozialministerin Christa Stewens falsch verstanden, wenn sie erklärt: „Seit dem 1. Januar 2008 sind die sieben bayerischen Bezirke für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen insgesamt zuständig. Damit wollen wir den Ausbau des ambulanten Bereichs nachdrücklich stärken und die Lebensqualität unserer behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger verbessern. Denn viele Menschen mit Behinderungen wollen – mit Unterstützung ambulanter Dienste – möglichst lange selbständig und selbstbestimmt in ihrer Umgebung leben.“ Gibt es eigentlich auch verbindliche Standards für die Lebensqualität von „Otto-Normalbürger“? Herr Hofmann gibt als Ziel seines Konzeptes für die Umgestaltung der Arbeit an, „mittelfristig ein sehr modernes Angebot im Leistungsbereich Wohnen für Menschen mit geistiger Behinderung im Landkreis zu etablieren.“ Wenn ich die Aussagen der Bewohner des SPZ in Ebern lese, dann wird von den meisten wohl der Neubau mit Einzelzimmern begrüßt. Das selbständige Einkaufen und der Caféhausbesuch sind natürlich auch vom persönlichen Budget abhängig. Von der Integration im gesellschaftlichen Umfeld war kaum die Rede, weil natürlich der Vergleich mit dem Haus auf dem Zeilberg hinkt. Den Standort Maroldsweisach haben die wenigsten wahrgenommen. Das ist aber in Ditterswind sicher anders. Hier ließe sich auch auf dem Schlossparkgelände ein entsprechender Neubau realisieren. Das Schloss selbst könnte z.B. als „Fahrradhotel“ mit Tagungsangeboten betrieben werden, das zugleich auch Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung bieten würde. Herr Hofmann stellt fest, dass die Einrichtung Schloss Ditterswind zwar täglich Bewohner an die Werkstätten der Lebenshilfe abgibt, aber in umgekehrter Richtung keine Unterstützung läuft. Nun ist ja bekannt, dass auch Menschen mit Behinderung älter werden und dann geeigneten Wohnraum benötigen. Daher wäre eine engere Vernetzung der Arbeit mit der Lebenshilfe durchaus sinnvoll und von den Kostenträgern aus wohl auch wünschenswert. Vielleicht lassen sich ja auf der Ebene der Arbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Träger der Wohlfahrtspflege entsprechende Pläne abstimmen?! Gez.: Helmut Kastner